Um sieben Uhr fünfzehn stehe ich hier auf. Bisher habe ich
noch nie meinen Wecker dazu gebraucht, weil ich es einfach gewohnt bin über
eine Stunde früher aufzustehen. Nachdem ich meine Schuluniform angezogen habe,
gehe ich in die Küche und esse ein Müsli. Um acht Uhr kommt der Schulbus und
hält direkt vor unserer Haustür. Meine Gastschwester und ich sitzen jeweils
halb schlafend nebeneinander und warten bis die halbstündige Fahrt zu Ende ist,
während der Bus sich immer mehr füllt. Um
halb neun erreichen wir unsere Schule die St. Aidens Comprehensive
School.
Nun haben wir eine halbe Stunde Zeit, um zu unserem
Schliessfach zu gehen und unsere Freunde zu begrüssen. Die Schliessfächer hier
sind der Horror. Sie sind winzig, es hat immer vier übereinander und das
Schlimmste ist, dass immer alle Schüler ihre Schultaschen davor deponieren.
Natürlich habe ich das Glück genau eines der untersten Schliessfächer zu haben,
wo sich die Taschen nur so häufen. Wenigstens ist mein Schliessfach ganz, denn
mindestens die Hälfte aller Schliessfächer war kaputt, als wir sie erhalten
haben.
Um neun Uhr müssen wir dann alle in das Klassenzimmer
unserer Tutorclass gehen. Dort sind wir jeden Tag für zehn Minuten und unser
Tutor prüft unsere Anwesenheit. Unser Tutor ist super, er ist ein Sportlehrer
und nimmt alles sehr locker.
Nach diesen ersten zehn Minuten geht es dann wirklich los.
Wir haben drei Lektionen aneinander bis zur ersten Pause, welche fünfzehn
Minuten dauert. Danach haben wir nochmals drei Lektionen bis zum Lunch. Nach
dem Luch erwarten uns wiederum drei Lektionen und dann haben wir frei.
Unsere
Fächer konnten wir alle selber wählen. Ich habe mich für Geographie,
Französisch, Business (so etwas wie Wirtschaft) und Biologie entschieden. Englisch
und Mathe hat sowieso jeder, es gibt aber in beiden einen höheren und einen
normalen Level. Die meisten von diesen Fächern habe ich täglich. Dann gibt es
noch einige weitere Pflichtfächer, welche wir nur einmal pro Woche haben wie
zum Beispiel Sport. Auch Guidance zählt dazu, ein Fach das ich bisher sehr
spannend finde. Es ist dafür da, uns zu zeigen, was wir einmal werden wollen
und wir machen Persönlichkeitstests und solche Sachen. Dann haben wir ein Fach,
in welchem wir uns darauf vorbereiten, einmal eine Woche lang arbeiten zu
gehen.
Die
einheimischen Schüler müssen jeden Tag eine Stunde in den Irischunterricht, wir
Austauschschüler dürfen dann einfach in der hintersten Reihe sitzen und
Hausaufgaben machen.
Bisher fühle
ich mich vom Stoff her eher ein wenig unterfordert. In Mathe bin ich im höheren
Level und ich langweilige mich während der Stunde! Das ist beinahe unmöglich!
Französisch
ist ebenfalls tragisch. Wenn die Lehrerin Französisch spricht, dann hört sich
das an als würde sie Englisch sprechen. Sie nimmt einfach die französischen
Worte und spricht sie genauso aus wie sie sie aussprechen würde, wenn sie auf
Englisch wären. Und sie übersetzt immer alles, was sie auf Französisch sagt,
auch wenn sie nur so etwas wie „Öffnet eure Hefter“ sagt. In Biologie haben wir
nochmals von ganz vorne begonnen, das heisst wir besprechen, was ein Lebewesen
ausmacht und das haben wir bereits vor vier Jahren besprochen. Das einzige
Fach, welches ich schon etwas schwieriger finde, ist Englisch. Auch hier bin
ich in den höchsten Level eingeteilt worden, warum auch immer, aber es gefällt
mir sehr gut. Es ist eines meiner Lieblingsfächer, der Lehrer ist einfach
perfekt. Aber wir lesen ziemlich schwierige Texte und ich verstehe manchmal
gerade mal jedes zweite Wort und dann muss ich einen halben Aufsatz über diesen
Text schreiben. Trotzdem liebe ich es, und ich denke ich kann sehr viel lernen
in diesem Fach.
Der
Unterricht verläuft auch ein wenig anders als bei mir zu Hause. Die Lehrer
sprechen meist die vollen vierzig Minuten durch und lassen uns einige Dinge
mitschreiben. Es gibt einfach viel mehr
Frontalunterricht als bei uns. Auch in Mathe steht der Lehrer die ganze Lektion
vor der Klasse und löst Aufgaben vor. Das finde ich besser als ich gedacht
hätte, denn so kann ich immer mitschreiben und weiss wie jede Aufgabe genau zu
lösen ist (bei 99% der Aufgaben weiss ich das sowieso, aber ich meine für den
Fall, dass wir doch einmal etwas machen, das ich nicht schon vor einem Jahr
gehabt habe).
Jetzt muss
ich aber doch noch von den eher speziellen Dingen an meiner Schule erzählen.
Alle mussten sich die Agenda, welche von der Schule zur Verfügung gestellt wird
kaufen. Die ersten fünfzig Seiten bestehen nur aus Regeln. Man darf nur ein
Paar Ohrringe tragen. Man darf nur Stecker als Ohrringe haben, nicht die, die
so runterhängen. Man darf nur wenig Makeup tragen (Ich frage mich ernsthaft,
was hier als viel Makeup angesehen wird! Die einen Mädchen tragen eine
zentimeterdicke Schicht Makeup und niemand sagt etwas. Nicht, dass mich das
Makeup stören würde, ich wundere mich einfach.) In Sport müssen wir eine
spezielle Sportuniform tragen. In den Gängen müssen wir immer auf der linken
Seite gehen(,was auch niemand beachtet). In der Kantine ist es nur den
Sechtsklässern erlaubt sich zu setzen, wir müssen unseren Lunch im Stehen
„geniessen“.
Jedenfalls
müssen wir diese Agenda jeden Tag mitbringen und unsere Eltern und unser Tutor
müssen jede Woche darin unterschreiben.
Auf der
zweiten Seite der Agenda steht das Schulgebet. Meine Gastschwester und ich
hatten bereits Angst, dass wir das auswendig aufsagen müssen, aber bisher hat
noch niemand ein Wort darüber verloren. Dafür haben wir uns einmal in der
Turnhalle versammelt und irgendein Lehrer hat zusammen mit uns einige Gebete
aufgesagt, welche sehr lieb gemeint waren und uns auf unserem Weg durch dieses
Schuljahr helfen sollen. Vorher hat die Schuldirektorin eine kurze Rede
gehalten, welche ich ehrlich gesagt einfach super gefunden habe. Sie hat alle
dazu aufgefordert füreinander da zu sein und alle zu respektieren.
Jedenfalls
weiter im Text mit den komischen Dingen: Wenn man hier etwas zum Lunch in der
Kantine haben will, muss man das in der Pause am Morgen bestellen.
Die Schule
hat nur fünfhundert Schüler ( beinahe tausend weniger als meine Schule in der
Schweiz), aber es fühlt sich an, als wären es doppelt so viele. Die Gänge sind
sehr eng und immer so vollgestopft, dass man sich wortwörtlich mit den Ellbogen
durch die Menge kämpfen muss.
Dafür sind
die Toiletten riesig! Die Schüler können sich dort in Ruhe zurückziehen und die
verbotenen Handys hervorholen, um sich tausende Nachrichten auf Snapchat zu
schicken.
Ja, die
Schule ist schon ein wenig anders als zu Hause, aber ich beginne sie langsam
richtig zu mögen. Ich habe schon ziemlich viele Leute getroffen und neue
Freunde gefunden. Es gäbe noch so vieles zu erzählen, aber ich denke dieser
Eintrag ist nun bereits genug lang.
Darum beende
ich nun meine Erzählungen für heute und fahre vielleicht an einem anderen Tag
fort.
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